Die ÖVGW hat über viele Jahrzehnte ein technisches Regelwerk für die sichere Gasversorgung entwickelt, das laufend den aktuellen Anforderungen angepasst wird. Nun folgt das „Regelwerk für Wasserstoffanlagen“. Es wird seit 2020 von einem eigens dafür eingerichteten ÖVGW-Fachausschuss unter dem Vorsitz von Ing. Micha Oberhuber erarbeitet. Er ist bei Gas Connect Austria für die Bereiche Betrieb & Instandhaltung, Anlagentechnik und Prozesssicherheit zuständig.
Heimische Unternehmen leisten Pionierarbeit
„Die große Herausforderung für uns war, dass wir mit einem weißen Blatt Papier anfangen mussten“, gibt Micha Oberhuber einen Einblick in den Prozess. Denn obwohl Wasserstoff bereits seit über 100 Jahren in der Industrie eingesetzt wird, gab es bisher kaum Richtlinien – weder national noch international. Rund 30 Akteure der heimischen Gaswirtschaft leisten seit Projektbeginn in verschiedenen Arbeitsgruppen Pionierarbeit. Neben den großen österreichischen Gasnetzbetreibern bringen auch namhafte heimische Energieunternehmen wie RAG oder OMV ihre Expertise in die Entwicklung des Regelwerks ein.
„Unser Ziel ist es, genaue technische Richtlinien und organisatorische Vorgaben für Wasserstoffnetze und -anlagen zu definieren“, sagt Oberhuber. Diese sind eine wichtige Voraussetzung für die Genehmigung und den Bau von Leitungen und Anlagen. Außerdem ermöglichen sie einen sicheren Betrieb nach festgelegten Standards. Das neue H2-Regelwerk richtet sich an alle potenziellen Betreiber von Wasserstoffnetzen, aber auch an Errichter und Betreiber beispielsweise von Erzeugungsanlagen oder Tankstellen.
Schrittweiser Ausbau des Regelwerks
Die ersten Richtlinien wurden von der ÖVGW im Februar 2023 vorgelegt, in denen die Anforderungen an die Beschaffenheit von Wasserstoff für die Einspeisung, den Transport, die Verteilung und die Speicherung festgelegt wurden. Zusätzlich wurden Anforderungen an die Errichtung von Einspeiseanlagen veröffentlicht. Mittlerweile ist das H2-Regelwerk auf 5 Richtlinien angewachsen.
„Es geht Schlag auf Schlag weiter“, so Oberhuber. Bereits Anfang 2025 sollen drei neue H2-Richtlinien veröffentlicht werden: ( H B210 „In- und Außerbetriebnahme sowie Arbeiten an Wasserstoffleitungen und -anlagen“, H B250 „Ortsbewegliche Wasserstoff-Betankungsgeräte“ und H O210 „Sicherheitskonzept und Notfallplanung für H2-Anlagen“). Die H B250 wurde z.B. von verschiedenen Baumaschinenherstellern gefordert, um zukünftig wasserstoffbetriebene Arbeitsmaschinen auf der Baustelle, im Steinbruch etc. betanken zu können. Der Weiterentwicklung solcher Anlagen steht somit nichts mehr im Wege. Darüber hinaus sind weitere Richtlinien in Vorbereitung, wie z.B. eine – aus Sicht der Netzbetreiber – sehr wichtige Richtlinie für die Umstellung von Gasleitungen auf den Betrieb mit Wasserstoff“, so der Experte.
Die Energiezukunft nimmt in Österreich weiter Fahrt auf und die ÖVGW wird mit ihrem Wasserstoff-Regelwerk die technischen Grundlagen dafür liefern.
Übersicht über das H2-Regelwerk der ÖVGW
H B100: Wasserstoffbeschaffenheit (gültig seit Februar 2023): Diese Richtlinie definiert die Anforderungen an die Beschaffenheit des gasförmigen Wasserstoffs für Einspeisung, Transport, Verteilung und Speicherung. H E310: Wasserstoff-Einspeiseanlagen (gültig seit Februar 2023): Hier sind Planung, Errichtung und Erstprüfung von Wasserstoff-Einspeiseanlagen geregelt. Es geht um die Einspeisung in reine Wasserstoffnetze sowie in Gasnetze. H E200: Wasserstoffleitungen (gültig seit Juni 2023): Diese Richtlinie regelt alle Kriterien für die Planung, Errichtung und Erstprüfung neuer Wasserstoffleitungen. Auch Materialien und Dimensionierung sind darin festgelegt. H E510: Wasserstoff-Betankungsanlagen (gültig seit Oktober 2023): Es wird die Planung, Herstellung, Errichtung und Erstprüfung von stationären Betankungsanlagen (vgl. Tankstellen) geregelt. Neben technischen Vorgaben wird hier auch der Genehmigungsprozess beschrieben. H E100: Wasserstoff-Erzeugungsanlagen (gültig seit April 2024): Die Richtlinie gilt für die Planung, Errichtung und Erstprüfung von gewerblichen, kommunalen, industriellen sowie netzdienlichen Anlagen für die Herstellung von Wasserstoff. |