Die Idee klingt bestechend und man will damit gleichsam zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Nämlich eine Maßnahme gegen den Treibhaus-Effekt durchführen und gleichzeitig unter Einsatz von Grünem Wasserstoff einen wertvollen, in der Industrie benötigten Rohstoff erzeugen.
Ob das möglich ist, wird derzeit in Deutschland am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Rahmen des Projektes NECOC (Schaffung Negativer Emissionen durch Auftrennung von atmosphärischem CO2 in wirtschaftlich verwertbares Carbon Black und Sauerstoff) untersucht.
Aus CO2 und Wasserstoff wird Methan
Die Gewinnung und anschließende Nutzung von CO2 aus der Atmosphäre ist ein vielversprechender Ansatz, um die Auswirkungen des klimarelevanten Treibhausgases zu beschränken. Nun gilt es wirtschaftlich nachhaltige Verwertungspfade für CO2 zu entwickeln. Möglich wäre der Einsatz bei der Methanisierung von erneuerbarem Wasserstoff. Für die chemische Reaktion benötigt man CO2 und daher ist es günstig Power-to-Gas-Anlagen in der Nähe von Biogasanlagen zu errichten. Im dort produzierten Rohgas ist viel CO2 enthalten, das im Zuge der Gasaufbereitung abgetrennt werden kann. Das durch die Power-to-Gas-Technologie erzeugte Synthetische Methan kann ins Gasnetz eingespeist werden und direkt fossiles Gas ersetzen. Damit ist noch ein wichtiger Vorteil verbunden: Bei der Verbrennung wird nur so viel CO2 frei, wie zuvor im Wachstumsprozess des organischen Biogassubstrats aus der Luft entzogen wurde. Es handelt sich dabei also um einen klimaneutralen Prozess.
Kombination mehrerer Prozessschritte
Bei NECOC geht man noch einen Schritt weiter: man möchte aus dem Synthetischen Methan das hochreine Kohlenstoff-Pulver „Carbon Black“ erzeugen, welches für die Produktion von High-Tech-Produkten in der Elektronik-, Druck- oder Bauindustrie eingesetzt werden kann. Dafür wird an einer Verbundanlage geforscht, um in mehreren aufeinander folgenden Schritten das begehrte Endprodukt zu gewinnen. Carbon Black wird auch „Industrieruß“ bezeichnet und besteht, im Gegensatz zu herkömmlichen Ruß, aus fast reinem Kohlenstoff.
Schritt 1: Die CO2-Adsorption
Mit Hilfe eines Adsorbers wird CO2 aus der Umgebungsluft abgetrennt. Das Unternehmen Climeworks entwickelt, baut und betreibt Direct Air Capture-Anlagen, welche CO2 direkt aus der Atmosphäre entfernen. Die Anlagen bestehen aus modularen CO2-Kollektoren, die zu einer beliebigen Größe kombiniert werden können und benutzen ausschließlich erneuerbare Energie und Abwärme als Energiequelle. Das atmosphärische CO2 wird auf einem amin-modifizierten Substrat absorbiert. Danach wird das Substrat auf ca. 100 °C erwärmt, so dass das darin enthaltene CO2 desorbiert und als reines Gas zur Verfügung steht. Im Rahmen von NECOC sollen auf diese Weise täglich 8 kg CO2 gewonnen werden.
Mit Direct Air Capture-Anlagen wird CO2 aus der Atomosphäre abgeschieden. (© Climeworks / Julia Dunlop)
Schritt 2: Die Methanisierung
Im 2. Prozessschritt wird mit dem CO2 und durch die Zugabe von erneuerbarem Wasserstoff, der mittels Elektrolyse erzeugt werden kann, in einem mikrostrukturierten Reaktor die Methanisierung durchgeführt. Das am Forschungsprojekt NECOC beteiligte Unternehmen INERATEC richtete bisher mit den von ihnen entwickelten Reaktoren den FOKUS auf die Erzeugung von ins Erdgasnetz einspeisbarem Methan. Dabei wird auf Basis von erneuerbarem Wasserstoff und CO2 aus der Luft Synthetisches Methan hergestellt. Nun soll im Rahmen des Projektes NECOC gezeigt werden, dass das bisher eingesetzte Reaktormodell auch an andere Prozessbedürfnisse angepasst werden kann.
Schritt 3: Die Methan-Pyrolyse
Bei dem im Rahmen von NECOC geplanten Prozess zur Methan-Pyrolyse wird aus einem Vorratstank reines Methan in einen mit flüssigem Zinn befüllten, senkrecht stehenden Reaktor eingeleitet. Dabei bilden sich im heißen Metall Gasblasen, in denen eine Zersetzung des Methans in gasförmigen Wasserstoff und festen elementaren Kohlenstoff stattfindet. Auf Grund des Dichteunterschiedes zwischen dem flüssigen Zinn und Kohlstoff schwimmt letzterer obenauf und kann so abgeführt werden. In einem nachgelagerten Reaktor wird der bei der Pyrolyse erzeugte Wasserstoff zur weiteren Nutzung im Verfahrensschritt der Methanisierung abgetrennt.
Verbundanlage soll bis Ende 2021 verfügbar sein
Ziel des Projektes ist es, die drei Verfahrensschritte CO2-Abscheidung, Methanisierung und Pyrolyse in einer Demonstrationsanlage zusammenzuführen. Dafür mussten Konzepte zur Verschaltung der einzelnen Prozesse entwickelt werden. Die Anlage wird auf dem Gelände des KIT aufgebaut und bis 2021 über einen längeren Zeitraum betrieben werden. Die Produktionskapazität soll anfänglich 0,5 kg Carbon Black pro Tag betragen, das bisher hauptsächlich aus fossilem Erdöl hergestellt wurde. Für die Projektbetreiber ist klar: Das Verfahren ist in mehrfacher Hinsicht ein technologischer Ansatz für eine nachhaltige Zukunft. Es kombiniert den direkten Beitrag zur Lösung des Klimaproblems mit einem Baustein einer postfossilen Rohstoffversorgung“.