Wasserstoff über die Gasverteilnetze für alle nutzbar machen
Mehr als 30 deutsche Gasnetzbetreiber haben gemeinsam mit dem Deutschen Verein für das Gas und Wasserfach – DVGW das Grundsatzpapier „H2 Vor Ort“ vorgestellt. Es liefert den Fahrplan, wie die Gasverteilnetze in verschiedenen Etappen mit sofort beginnenden Aktivitäten und über Zwischenschritte fit gemacht werden sollen für Wasserstoff und klimaneutrale Gase. Die Gasverteilnetze sind damit in der Lage, Wasserstoff flächendeckend und für alle Kunden und Anwendungen nutzbar zu machen; ihre Ertüchtigung führt daher zu einer breitenwirksamen Klimaneutralität, wie beispielsweise im Wärmemarkt.
Der Dekarbonisierungsprozess der Gasinfrastruktur kann durch eine Umstellung auf drei Ebenen erreicht werden:
1. Überregionale und transnationale Infrastrukturen für Versorgung mit Wasserstoff entwickeln
Bis 2040 soll – beginnend im Nordwesten des Deutschlands – eine überregionale und transnationale Infrastruktur für die Wasserstoffversorgung fertiggestellt werden. Dieses H2-Fernleitungsnetz – der H2 Backbone – soll zu 90 Prozent auf dem bestehenden Erdgasnetz basieren und nach Fertigstellung eine Länge von ca. 5.900 km haben. Es dient als eine international vernetzte Infrastruktur zum Transport von reinem Wasserstoff und bietet die Perspektive, gesichert große Mengen Wasserstoff importieren und deutschlandweit über die Gasverteilnetze an eine große Menge Anwender verteilen zu können. Über den Backbone wird auch der Zugang zu den Gasspeichern gewährleistet.
2. Regionale Potenziale für Power-to-Gas und Biomethan frühzeitig heben
Gleichzeitig mit dem Aufbau des H2-Backbone soll mit der lokalen Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff und anderen klimaneutralen Gasen begonnen werden, um so die die Dekarbonisierung der Gasinfrastruktur vor Ort zu beginnen. So kann Wasserstoff schon frühzeitig gerade auch in den Regionen zur Verfügung stehen, die erst nach 2035 an den H2-Backbone angeschlossen werden können. Dies führt zu vielen Wasserstoff-Pilotregionen sowie weiteren Projekten vor Ort.
3. Umstellungsprozess der Gasverteilnetze vor Ort
Jedes Gasverteilnetz in Deutschland hat seine eigenen regionalen Gegebenheiten. Damit die Energiewende vor Ort zum Erfolg wird, müssen diese Spezifika im Analyse- und Planungsprozess stets berücksichtigt werden.
In einer ersten Phase will man die Gasverteilnetze zur Durchleitung von perspektivisch 100 Prozent Wasserstoff ertüchtigen bzw. auf andere klimaneutrale Gase umstellen. Zeitgleich dazu werden in bestimmten Netzabschnitten über die lokale Wasserstofferzeugung mittels Power-to-Gas oder alternativer Technologien bereits 20 Prozent H2 beigemischt oder diese Netzabschnitte auf 100 Prozent H2 umgestellt.
In der folgenden Phase ist der H2-Backbone in Betrieb. Damit stehen größere Mengen Wasserstoff zur Verfügung und die Ertüchtigung der Gasverteilnetze schreitet zügig voran, bis das gesamte Gasverteilnetz im Jahr 2050 einzig für den Transport klimaneutraler Gase zur Verfügung steht. Dabei können Netzabschnitte mit 100 Prozent Wasserstoff, Bio-/EE-Methan (Synthetisches Methan aus Grünem Wasserstoff) in Reinform oder mit Beimischung von Wasserstoff zu Bio-/EE-Methan nebeneinander existieren.
Die Flächenversorgung mit Wasserstoff über die Gasverteilungsnetze soll zusammen mit den drei Ausbaustufen des H2-Backbones wachsen. (© DVGW)
ÖVGW bereitet ebenfalls Integration von Grünen Gasen vor
Bei der österreichischen Schwester des DVGW verfolgt man das Vorhaben der deutschen Netzbetreiber mit Interesse. Dazu ÖVGW-Vizepräsident Michael Haselauer: „Auch die ÖVGW hat bereits damit begonnen das Verteilnetz für den Einsatz von Grünen Gasen fit zu machen. Das betrifft sowohl die exakte Abrechnung als auch den sicheren Transport und die Anwendung bei den Endkunden“.