01.08.2022

Klimaneutralität mit Grünen Gasen

Welche Rolle können Erneuerbare Gase in einem dekarbonisierten Energieumfeld einnehmen? Mit dieser Frage beschäftigte sich die von der Austria Gas Grid Management AG (AGGM) in Auftrag gegebene Studie ONE100.

Ziel der Studie war es, unter Verwendung eines leistungsfähigen energieökonomischen Optimierungsmodells ein volkswirtschaftlich optimiertes Energiesystem zu entwerfen, in dem mit einer umweltverträglichen Nutzung von erneuerbaren Energiequellen und dem Einsatz CO2-neutraler Technologie der gesamte Energiebedarf dauerhaft, leistbar und versorgungssicher gedeckt werden kann.

Das Ergebnis der Studie zeigt: Österreich kann bei weitgehender Ausnutzung des Erneuerbaren-Ausbaupotentials sowie bei optimalen Zusammenwirken eines vielfältigen sektorgekoppelten Technologieparks im Jahr 2040 96% seines Energie-Bruttoinlandverbrauches im Ausmaß von 279 TWh leistbar und erneuerbar im Inland aufbringen. Notwendig ist dafür ein Rückgang des Primär-Energiebedarfs von 31% gegenüber 2019 (404 TWh).

In Summe hat die Optimierung eine erneuerbare Stromproduktion von ca. 126 TWh ergeben. Strom ist somit im optimierten Energiesystem der wichtigste Energieträger.

ONE100
© AGGM

Grüne Gase zukünftig zweitwichtigster Energieträger

Erneuerbare Gase stellen im optimierten Energiesystem mit rund 81 TWh den zweitwichtigsten Energieträger dar. Bei den erneuerbaren Gasen handelt es sich zu rund zwei Drittel um Biomethan, wobei jeweils die Hälfte davon aus Biogas und aus Holzgas gewonnen wird, bei einem Drittel um Wasserstoff, der in Elektrolyseanlagen (7 GWel) aus erneuerbarem Strom hergestellt wird.

Biomethan und Wasserstoff werden damit – im Zusammenspiel mit erneuerbarem Strom – zu unverzichtbaren Elementen im optimierten Energiesystem und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung.

Biomethan wird im optimierten Energiesystem insbesondere in der Industrie, Raumwärme, Gaskraftwerken und der Mobilität eingesetzt. Das Biomethan wird regional, entsprechend dem vorhandenen Biomassepotential überwiegend im Osten Österreichs in Biogas- und Holzvergasungsanlagen produziert. Der Wasserstoff findet seine Verwendung überwiegend in der Stahlproduktion und zur Produktion von Flüssigkraftstoffen. Der Standort der Elektrolyse-Anlagen liegt überwiegend in der Nähe der volatilen Stromerzeugung, da der Transport von Wasserstoff ökonomisch in Rohrleitungen erfolgen kann. Durch ihre flexible Fahrweise und der daraus resultierenden Stabilisierung des Stromnetzes ist die PEM-Elektrolyse ein wesentlicher Baustein der Sektorkopplung. Zu einem kleinen Anteil wird für den inländischen Bedarf Wasserstoff auch importiert (0,4 TWh).

Die österreichische Land- und Forstwirtschaft liefert mit insgesamt 92 TWh aus fester und feuchter Biomasse einen erheblichen Beitrag zur erneuerbaren Energieversorgung, wobei mehr als zwei Drittel der eingesetzten Festbiomasse in Biogasanlagen und Holzvergasungsanlagen zu erneuerbarem Biomethan umgewandelt wird.

Dekarbonisierung mit Grünen Gasen leistbar

Die Studienautoren empfehlen, beim Ausbau des dekarbonisierten Energiesystems auf einen breiten Energieträger- und Technologiemix zu setzen.

Gas-, Wärme- und Stromnetze müssen künftig stärker vernetzt und sektorübergreifend geplant werden. Um den künftigen Anforderungen zu entsprechen, müssen die Stromnetze massiv ausgebaut werden, um die steigenden Lasten bewältigen zu können. Für den Transport von erneuerbaren Gasen kann in weitreichendem Ausmaß auf schon heute verfügbare Kapazitäten zurückgegriffen werden und mit der Nutzung dieser Transportmöglichkeiten das Ziel der Dekarbonisierung schneller erreicht werden. Für den Transport von reinem Wasserstoff, bietet sich als volkwirtschaftlich kostenoptimierte und technisch machbare Lösung die Umwidmung von bestehenden Gasleitungen an.

Einige der Technologien im optimierten Energiesystem sind bereits ausgereift und etablierter, bei anderen (z.B. der Gaswärmepumpe) muss erst ein Markt etabliert werden. Bei der Biomethanproduktion aus Holzvergasung oder der Elektrolyse und Pyrolyse müssen großindustrielle Anlagen entwickelt werden.

Das optimierte Energiesystem ist leistbar und dabei wesentlich effizienter als das heutige. Die volkswirtschaftlich optimierten Kosten des zukünftigen nachhaltigen Energiesystems entsprechen ca. 8% des vom Wifo für 2040 prognostizierten Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich: die Kosten des heutigen Energiesystems betragen ca. 9% des Bruttoinlandsproduktes.