Zur Person: Dr. Harald Stindl ist Geschäftsführer der Gas Connect Austria GmbH, Mitglied im Aufsichtsrat der Trans Austria Gasleitung GmbH und Mitglied im Fachverbandsausschuss des FGW.
Zukunft Grünes Gas: Herr Dr. Stindl, warum beteiligt sich die Gas Connect Austria am Projekt „H2-Backbone“?
Stindl: Wir sind der Initiative im Bewusstsein beigetreten, dass Wasserstoff im künftigen Energiesystem Europas – und damit auch für Österreich – eine wichtige Rolle spielen wird. Die GCA hat sich in der Folge an den Studien zum Aufbau eines europaweiten Wasserstoffnetzes beteiligt. Der Grund unseres Engagements – und auch jenem der TAG GmbH – ist, Österreichs Potenzial für eine Verbindung durch eine europäische Nord/Süd- sowie Ost/West-Achse aufzuzeigen. Damit könnten Regionen mit guten Voraussetzungen für die Wasserstoffproduktion wie z.B. die Ukraine, Süditalien oder Nordafrika mit großen potenziellen Wasserstoffabnehmern – auch in Österreich – verbunden werden.
Sollte die künftige Wasserstoffnachfrage ausschließlich mit Grünem Wasserstoff abgedeckt werden oder sollten auch „andere Farben“ zum Zug kommen?
Die politischen Absichtserklärungen zielen vordergründig auf den Einsatz von Grünem Wasserstoff ab. Der ist auf absehbare Zeit jedoch weder in ausreichenden Mengen, noch zu wettbewerbsfähigen Bedingungen herstellbar. Er wird wohl – wie auch viele andere erneuerbare Energieformen – so lange ein Subventionsfall sein, bis positive Skalierungseffekte eintreten bzw. bis CO2-Steuern und die Kosten für Treibhausgaszertifikate die fossilen Alternativen verteuern. Bis dahin sollten auch andere dekarbonisierte Spielarten in Erwägung gezogen werden. Allein schon, damit sich eine Wasserstoffwirtschaft für Anwendungen in der Industrie, dem Verkehr, der Raumwärme und der Energiewirtschaft entwickeln kann.
Welche Rolle kann die Gasinfrastruktur beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft spielen?
Unsere Aufgabe ist es, die Wasserstoffproduktion mit der Wasserstoffnachfrage auf verlässliche und sichere Weise sowie zu leistbaren Konditionen zu verbinden. Es wird sich zeigen, in welcher Form wir den Wasserstoff künftig transportieren. Am Beginn wird es wohl ein Erdgas-Wasserstoff-Mix sein, danach immer häufiger reiner Wasserstoff. Je nach Wasserstoffanteil werden mehr oder weniger große Anpassungen der bestehenden Infrastruktur erfolgen. Wesentlich wird auch die Einbindung der Gasspeicher sein.
Welche Weichenstellungen bzw. gesetzlichen Rahmenbedingungen benötigt die GCA, damit der Umbau der Infrastruktur für den Wasserstofftransport durchgeführt werden kann?
Die österreichische Gasinfrastruktur ist an das europäische Gasnetz angeschlossen und mit den Speichern und den Industriegebieten als wichtigen Wasserstoffsenken verbunden. Somit ist sie eine wichtige Transport-, Speicher- und Handelsdrehscheibe in Zentraleuropa. Naheliegend ist daher, dass dieses Know-how sowohl für Pilotprojekte bei Power-to-Gas-Anlagen genutzt wird als auch für den Betrieb von Wasserstoffleitungen und den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft.
Unterstützt das Erneuerbaren Ausbau-Gesetz den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur?
Es ist nicht hilfreich, dass es P2G-Anlagen von der Förderung ausschließt, wenn sie in das Gasnetz einspeisen. Netzbetreiber sollen Wasserstoffnetze besitzen und betreiben dürfen – entweder neu erbaut oder als umgerüstete Erdgasleitungen. Mit dem Wachsen der Wasserstoffwirtschaft ist auch eine schrittweise Regulierung sinnvoll und – je nach Kundenstruktur – unter Umständen auch eine adäquate Sozialisierung der Wasserstoff-Infrastrukturkosten zwischen Erdgas und Wasserstoff. So könnten anfangs die Transport und Speichertarife in realistischen Höhen gehalten werden. Nachdem wir eng mit dem europäischen Gasnetz verbunden sind und Österreichs Potenzial für Grünen Wasserstoff begrenzt ist, ist für den grenzüberschreitenden Handel und Transport grüner und kohlenstoffarmer Gase eine EU-weit einheitliche Regelung zu Gasqualitätsstandards, Limits von Wasserstoff im Erdgas sowie Herkunfts- und Nachhaltigkeitsnachweisen notwendig. Der beste Weg die Zukunft vorherzusagen, ist sie mitzugestalten, und hier bemüht sich die Gaswirtschaft seit Jahren nach Kräften, ihren Beitrag für die optimale klimaneutrale Lösung zu leisten.
Wir danken für das Gespräch.