Grüner Wasserstoff ist neben Biomethan ein Hoffnungsträger für die Dekarbonisierung des Wärmesektors. Als Energieträger kann er in Zukunft fossiles Erdgas ersetzen und stellt damit nicht nur für die Industrie, sondern auch für die Wärmeversorgung von Haushalten und Gewerbebetrieben eine Alternative dar.
In Österreich kann der Wasserstoffanteil im Gasnetz derzeit schon bis zu 10 Prozent betragen. Dass noch viel mehr möglich ist, zeigt das aktuelle Projekt „H2Direkt“ , das Elke Wanke von Energienetze Bayern auf dem diesjährigen Zukunftsforum Grünes Gas vorstellte. Die Energienetze Bayern betreiben ein 10.000 km langes Gasnetz und versorgen 166.000 Haushaltskunden, 600 Industriekunden und 13.000 Gewerbekunden.
In Deutschland gibt es bereits einige Teilnetzgebiete, in denen im Rahmen von Forschungsprojekten bis zu 30% Wasserstoff dem bestehenden Gasnetz beigemischt wird. Mit dem Projekt „H2Direkt“ gehen die Projektpartner Energie Südbayern, Energienetze Bayern und Thüga einen Schritt weiter und zeigen, dass auch eine Umstellung auf 100% Wasserstoff möglich ist.
Hauptziel des Projekts
„H2Direkt“ soll zeigen, dass die bestehende Gasinfrastruktur mit möglichst wenig zusätzlichen Investitionen für die Nutzung von Wasserstoff genutzt werden kann. Dabei soll die Machbarkeit und Betriebssicherheit eines von Erdgas auf Wasserstoff umgestellten Verteilernetzes demonstriert werden.
Der Feldtest startete planmäßig im vergangenen Herbst, also zu Beginn der Heizperiode 2023/2024. Die Energienetze Bayern haben dafür ein geeignetes Wohngebiet in der Gemeinde Hohenwart südlich von Ingolstadt ausgewählt. Zehn Privathaushalte, die bereits an das örtliche Gasnetz angeschlossen sind, sowie ein Gewerbekunde nehmen am Feldtest teil und werden mit Wasserstoff versorgt.
Technische Umsetzung und Sicherheit
Die Umstellung der Gasversorgung auf Wasserstoff erforderte keinen Austausch der Rohrleitungen. Ein Wasserstofftank und eine Einspeiseanlage wurden installiert. Alle Gaskomponenten in den Haushalten wurden auf ihre H2-Tauglichkeit überprüft. Handelsübliche Brennwertgeräte und Heizkessel können zwar mit einem gewissen Anteil Wasserstoff betrieben werden, für eine 100%ige Umstellung war jedoch ein Austausch erforderlich.
Die Firma Vaillant stellte die H2-Brennwertgeräte zur Verfügung. Den Einbau der neuen Wärmeanlagen wurde von Installateure der Energie Südbayern vorgenommen, die im Umgang mit Wasserstoff geschult wurden oder bereits Erfahrung im Umgang mit Wasserstoff hatten. Innerhalb von drei Tagen waren die elf Testkunden umgestellt. Die Erfahrung zeige, dass ein Austausch innerhalb von 20 Minuten möglich sei, so Wanke. Die ausgebauten Erdgasgeräte wurden von der Energie Südbayern eingelagert und für einen eventuellen Wiedereinbau auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten.
Logistik und Betrieb
Das 100% Wasserstoffnetz wird im Inselbetrieb aufgebaut, d.h. ein Teil des bestehenden Netzes wird vom Rest abgetrennt und separat mit Wasserstoff versorgt. Der Wasserstoff wird per LKW in Trailern angeliefert und der zentrale Wasserstofftank in kurzen Intervallen befüllt und überwacht. Die Einspeiseanlage beinhaltet eine Druckregelung sowie eine Odorieranlage, die den geruchlosen Wasserstoff mit einem Odoriermittel versieht, um ihn bei einem eventuellen Gasaustritt wahrnehmbar zu machen.
Zufriedenstellende Testergebnisse
Wie Elke Wanke berichtete, verläuft der Test bisher sehr gut und es sind keine Probleme aufgetreten. Ob eine Weiterversorgung mit 100% Wasserstoff nach dem Feldtestbetrieb möglich ist, wird im Rahmen des Projekts bewertet. Das weitere Vorgehen mit der umgebauten Infrastruktur steht noch nicht fest und wird gegen Ende des Feldtests 2025 evaluiert.
Die Umstellung auf 100 % Grünen Wasserstoff in Bayern zeigt das Potenzial dieser Technologie für eine klimaneutrale Zukunft. Die Erkenntnisse aus dem Projekt „H2Direkt“ könnten wegweisend für die Umstellung von Gasnetzen in Deutschland – und auch in Österreich – sein.