Was muss geschehen, damit grüner Wasserstoff zukünftig eine bedeutende Rolle in der europäischen Energieversorgung spielen kann? Diese Frage wurde am 16. Juni bei der Veranstaltung „Wasserstoff und klimaneutrale Gase in Europa: Österreichs Beiträge und Chancen“ behandelt.
Bei der von ERIG (European Research Institute for Gas and Energy Innovation) gemeinsam mit ÖVGW und FGW organisierten Online-Konferenz erörterten Experten aus der Forschung sowie von Industrie- und Versorgungsunternehmen unterschiedliche Aspekte, die mit dem Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft verbunden sind.
Importe machen Wasserstoff günstiger
In einem waren sich die Vortragenden einig: Um die Kosten für Grünen Wasserstoff möglichst niedrig zu halten, sollte man neben der heimischen Erzeugung auch auf Importe aus Regionen außerhalb der EU setzen. Österreich mit seiner hervorragend ausgebauten Gas-Infrastruktur könnte dann eine europäische Drehscheibe für den Import, die Speicherung und die Weiterleitung von Grünem Wasserstoff und dekarbonisierten Gasen sein. Als mögliche künftige Herkunftsländer wurden u.a. Nordafrika und die Ukraine genannt. Dort seien die Erzeugungskosten voraussichtlich weitaus geringer als innerhalb der EU. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass – so wie es jetzt bei Erdgas der Fall ist – ein internationaler Markt mit einem zuverlässigen Nachweissystem aufgebaut wird.
Wie ERIG-Generalsekretär Hans Rassmusson ausführte, kann mit der Nutzung von Grünem Gas das EU-Ziel der Klimaneutralität deutlich günstiger realisiert werden als mit einer reinen Stromlösung. Die Kostendifferenz bei diesen beiden Optionen beträgt 220 Milliarden Euro pro Jahr.
Auf Anreize und Markt vertrauen
Die Vortragenden waren sich einig, dass es ein Fehler wäre, bei Grünem Wasserstoff vollständig auf Importe zu setzen und auf die eigene Produktion zu verzichten. Für die österreichischen Unternehmen muss vielmehr mit geeigneten Rahmenbedingungen Planungssicherheit geschaffen werden, um so die Sektorkopplung – also Zusammenführung der Strom- und Gasinfrastruktur – weiter ausbauen zu können. Der Volkswirtschaftsexperte Prof. Friedrich Schneider von der JKU Linz forderte in diesem Zusammenhang, die Politik müsse auf „Anreize und Marktkräfte“ vertrauen und nicht „Gebote oder Verbote“ verhängen. Dann würden auch Investitionen in innovative Projekte rund um den Wasserstoff erfolgen.
Erste Schritte für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft wurden bereits gesetzt. So errichtet die OMV gemeinsam mit Partnern eine Elektrolyse-Produktion am Raffinerie-Standort Wien Schwechat. Ab 2023 sollen jährlich etwa 1.500 Tonnen grüner Wasserstoff für Kraftstoffe produziert werden. Peter Weinelt, FGW-Obmann und stellvertretender Generaldirektor der Wiener Stadtwerke berichtete von der Gründung einer eigenen Wasserstoff-Gesellschaft in seinem Unternehmen. Dort untersucht man konkrete Anwendungsmöglichkeiten – z.B. im Bereich des öffentlichen Verkehrs und der Stromerzeugung – oder wie das Gasnetz zum Teil oder zur Gänze für den Wasserstofftransport umgerüstet werden könnte.
Schlussfolgerung
In Europa geht man nun daran, eine länderübergreifende Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen. Es braucht passende regulatorische Rahmenbedingungen, die sowohl den Ausbau der Infrastruktur sicherstellen, als auch Grünen Wasserstoff für die Kunden leistbar machen.
Österreich hat auf Grund seiner geografischen Lage und der vorhandenen Gasinfrastruktur gute Voraussetzungen, um sich an diesem Vorhaben zu beteiligen. Damit würde ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft und damit für die Erhaltung des Wohlstandes in unserem Land geleistet.