14.10.2024

Rascher Hochlauf von Wasserstoff und Biomethan notwendig!

Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen könnte in Österreich zu Versorgungslücken führen, da fossile Energieträger trotz Verdoppelung der Stromerzeugung und Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vollständig ersetzt werden können, so Stefan Wagenhofer, Vizepräsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) bei einer Pressekonferenz am 14. 10. 2024 in Wien. Daher werden klimaneutrale Gase wie Wasserstoff, Biomethan und Synthesegas benötigt. Die ÖVGW fordert den raschen Ausbau von Wasserstoff- und Biomethan-Produktionsanlagen, eine Importstrategie für Wasserstoff und den Ausbau des Leitungsnetzes, um eine langfristig sichere Energieversorgung zu gewährleisten.

Gasnetz für die Zukunft gerüstet

„Damit klimaneutrale Gase wie Wasserstoff oder Biomethan in das österreichische Gasleitungsnetz eingespeist werden können, wurde in den vergangenen Jahren viel geforscht“, betont Manfred Pachernegg, Vorsitzender des Forschungsbeirates der ÖVGW und Geschäftsführer der Energienetze Steiermark: Wir haben unser bestehendes Gasnetz bis hin zu den entsprechenden Armaturen und Gasendgeräten wie Industriegasbrenner oder Heizungsanlagen auf Wasserstofftauglichkeit untersucht. Das Ergebnis: 97 Prozent des Netzes sind wasserstofftauglich, bereits heute kann Biomethan zu 100 Prozent und Wasserstoff zu 10 Prozent eingespeist werden. In Zukunft soll ein Teil des Netzes komplett auf den ausschließlichen Transport von Wasserstoff umgestellt werden.

ÖVGW-Vizepräsident Stefan Wagenhofer (rechts) und der Vorsitzende des ÖVGW-Forschungsbeirates "Grünes Gas" Manfred Pachernegg (links) bezeichnen den raschen Aus- und Umbau der Gasinfrastruktur als notwendige Voraussetzung für eine sichere Energieversorgung der Zukunft.
© ÖVGW

Notwendige Maßnahmen

Eine sichere und diversifizierte Energieversorgung braucht Gas zur Stützung der zunehmend volatilen Stromerzeugung. Um eine kosteneffiziente Energieversorgung und Netzsicherheit zu gewährleisten, fordert die ÖVGW konkrete politische Maßnahmen, darunter:

  • Investitionen in die Gasinfrastruktur, insbesondere in den Ausbau des Wasserstoffnetzes. Darüber hinaus bedarf es der politischen Unterstützung bei der Ertüchtigung der vorgelagerten ausländischen Netze, z.B. für den Südkorridor (SoutH2corridor). Mit dem Aus- und Umbau des Leitungsnetzes werden auch die Voraussetzungen geschaffen, Österreich als zukünftige Wasserstoffdrehscheibe in Europa zu positionieren.
  • Ein umfassender Infrastrukturplan zur Integration von Gas-, Wasserstoff-, Strom-, Fernwärme- und CO₂-Netzen um Sektorkopplung und damit eine effiziente Energiewende zu ermöglichen. Die Überproduktion von erneuerbarem Strom kann als Wasserstoff eingespeist und zur Netzstabilität genutzt werden. Leistungsfähige Gasnetze und Speicherkapazitäten sichern die Versorgung.
  • Schaffung eines klaren und praxistauglichen Rechtsrahmens, der Planungssicherheit für den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur bietet, idealerweise auf Basis bestehender Marktstrukturen des Gasmarkts. Für einen schnellen Hochlauf sind staatliche Förderungen zur Finanzierung der Infrastruktur notwendig.
  • Rasche Verabschiedung eines Erneuerbaren-Gas-Gesetzes zur Erschließung des heimischen Biomethanpotenzials. Das Gesetz sollte analog zur Ökostromförderung mit Marktprämien und wettbewerblichen Anreizen die heimische Produktion ankurbeln. Darüber hinaus muss eine Importstrategie für grüne Gase durch Projekte wie den SoutH2Corridor für Wasserstoff oder das Projekt H2EU+Store zügig umgesetzt werden.

Zukunftsenergie Wasserstoff

Wasserstoff werde in der klimaneutralen Energieversorgung der Zukunft eine zentrale Rolle spielen, zeigte sich Wagenhofer überzeugt. Für die Umsetzung fehle es aber an politischen Vorgaben und einem Marktmodell. Österreich könnte durch entsprechende Maßnahmen eine Schlüsselrolle im europäischen Wasserstoffmarkt einnehmen. Bis 2040 ist in Europa ein 40.000 km langes H2-Pipelinenetz geplant, in das Österreich als zentrale Energiedrehscheibe eingebunden werden soll. Ein rascher Ausbau der Infrastruktur, auch für die Versorgung von Industrieanlagen, ist entscheidend für die erfolgreiche Etablierung des Wasserstoffmarktes.

Pachernegg nannte Zahlen und notwendige Schritte für den Ausbau der Gasinfrastruktur: „Mit Investitionen von rund zwei Milliarden Euro kann ein leistungsfähiges Wasserstoffnetz aufgebaut werden, das für den prognostizierten Bedarf und Transit im Jahr 2050 ausreichend dimensioniert ist. Zentrale Wasserstoffstandorte und Importrouten müssen vernetzt werden. Auch der Umbau des Verteilnetzes für die Versorgung von Industrieanlagen, Großspeichern und modernen Gaskraftwerken mit Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle“.

 

v.l.n.r.: Manfred Pachernegg (Energienetze Steiermark), Stefan Wagenhofer (Gas Connect Austria)
©Katharina Schiffl